Bodenschutz/Altlasten – Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Altlasten werden hier verstanden als Sammelbegriff für aktuelle Umweltgefährdungen durch Versäumnisse in der Vergangenheit. Erst seit Inkrafttreten des BBodSchG zum 01.03.1999 liegt eine bundesweit verbindliche Definition des Altlastenbegriffs vor. Altlasten sind demnach entweder Altablagerungen oder Altstandorte.

  • Unter Altablagerungen werden stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen und zur Abfalllagerung bzw. -behandlung genutzte Grundstücke verstanden, wobei es auf das Vorliegen einer behördlichen Genehmigung nicht ankommt. Praxisrelevant sind v.a. ehemalige Deponien, deren umweltgefährdendes Potential oft erst nach langer Zeit erkannt wird.
  • Altstandorte sind Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde oder solche, auf denen sich stillgelegte Anlagen befinden. Hauptsächlich handelt es sich hierbei um ehemalige Betriebsplätze von Firmen.

nach oben


Sie müssen unterscheiden, ob es sich um eine Altablagerung oder einen Altstandort handelt. Bei Altstandorten ist die Frage der Sanierungsverantwortlichkeit in § 4 Abs. 3 BBodSchG geregelt. Nach dieser Regelung stehen der Anordnungsbehörde grundsätzlich nebeneinander sowohl der Verursacher, dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer (auch bei einer Aufgabe des Eigentums), der Inhaber der tatsächlichen Gewalt und der handels- bzw. gesellschaftsrechtlich für eine juristische Person als Grundstückseigentümer Einstandspflichtige zur Verfügung. Die Auswahl unter den potentiell Verantwortlichen erfolgt primär nach dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr.

Für die im Bereich der Altablagerungen hauptsächlich relevanten Altdeponien besteht mit den Art. 22 BayAbfG, bzw. § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG eine gegenüber dem § 4 Abs. 3 BBodSchG vorrangige Regelung. Nach dieser ist primär der ehemalige Deponiebetreiber bzw. Inhaber zur Sanierung heranzuziehen. Diese beiden Begriffe sind inhaltlich identisch. Für die Auswahlentscheidung der Anordnungsbehörde, wer hier im konkreten Fall als Betreiber bzw. Inhaber anzusehen ist, kommt es nicht allein auf formale rechtliche Gesichtspunkte an. Entscheidend sind vielmehr sämtliche im konkreten Fall gegebenen rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Gegebenheiten. Hauptkriterien für die Auswahl des Sanierungsverantwortlichen sind zum einen das Vorliegen tatsächlicher und rechtlicher Verfügungsmacht, die es erlaubt, die notwendigen Entscheidungen selbst zu treffen. Zum anderen muss die wirtschaftliche Stellung dem Betreiber zumindest zu einem nicht unwesentlichen Teil die Nutzungen überlassen und ihm mindestens anteilig die Kosten auferlegen. Dies lässt sich schlagwortartig dahin zusammenfassen, dass Betreiber insbesondere derjenige ist, in dessen Namen und auf dessen Rechnung die Deponie geführt wird. Erst wenn ein Rückgriff auf den Deponiebetreiber nicht mehr möglich ist, kommt es für die Auswahlentscheidung auf die oben dargestellte subsidiäre Regelung der Verantwortlichkeit in § 4 Abs. 3 BBodSchG an.

nach oben


In einer Entscheidung vom 16.02.2000 hat sich das Bundesverfassungsgericht erstmals umfassend zur möglichen Reduktion der Altlastenhaftung eines Grundeigentümers geäußert und unter Bejahung der Sanierungspflicht seine Kostentragungspflicht erheblich begrenzt. Im Gesetzgebungsverfahren zum Bundesbodenschutzgesetz war diese umstrittene Frage noch bewusst ungeregelt geblieben.

Das Bundesverfassungsgericht hatte über die Verfassungsbeschwerden zweier Grundeigentümer zu entscheiden, die als Erwerber eines früheren Gewerbestandorts bzw. Verpächter eines Tontauben-Schießplatzes zur Sanierung erheblicher Bodenbelastungen herangezogen worden waren. Das Gericht billigte im Grundsatz die Inanspruchnahme des Eigentümers; seine Zustandsverantwortlichkeit finde in der durch die Sachherrschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeit auf die gefahrenverursachende Sache sowie in der Verbindung von Vorteilen und Lasten des Grundstücks ihren legitimierenden Grund. Es sei daher auch mit Blick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 GG unbedenklich, den Eigentümer eines Grundstücks allein wegen dieser Rechtsstellung zu verpflichten, von seinem Grundstück ausgehende Gefahren zu beseitigen, auch wenn er die Gefahrenlage weder verursacht noch verschuldet hat. Das Ausmaß seiner kostenmäßigen Haftung könne aber im Einzelfall durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzt sein. Als Anhaltspunkt zur Bestimmung der hierdurch gezogenen Grenze könne der Verkehrswert des betroffenen Grundstücks nach Sanierung dienen.

Nach einer ersten Durchsicht ergeben sich aus der Entscheidung folgende Konsequenzen:

  1. Auch wenn die Haftung des Grundeigentümers aus verfassungsrechtlichen Gründen zu begrenzen ist, bleibt er dennoch Störer im sicherheitsrechtlichen Sinne.
     
  2. Die bisherigen Ermessenserwägungen zur Störerauswahl bleiben unangetastet; ein verfassungsrechtliches „Rangverhältnis“ zwischen Verursacher und Zustandsverantwortlichem besteht nicht.
  3. Die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Grundeigentümers ist im Einzelfall am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abwägend zu bestimmen.

a)  Im Regelfall ist die Haftung des Eigentümers auf den Verkehrswert des sanierten Grundstücks begrenzt, wenn die vom Grundstück ausgehende Gefahr aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Umständen oder von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrührt.

b)  Gesichtspunkte, die eine über den Verkehrswert hinausgehende Belastung ermöglichen:

  •  Das individuelle Interesse des Eigentümers am Grundstück überschreitet den Verkehrswert.
  •  Der Eigentümer hat das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen oder vor ihm fahrlässig die Augen verschlossen.

In diesen Fällen darf die Zumutbarkeit der Sanierungskosten allerdings nicht an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Eigentümers gemessen werden, sondern nur mit Blick auf das Vermögen, das mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang steht.

c)  Gesichtspunkt, der nur eine Belastung noch unterhalb des Verkehrswertes zulässt: Das zu sanierende Grundstück bildet den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen und die Grundlage seiner privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie.

  1. Ist die Kostenbelastung des Zustandsstörers somit von Verfassungswegen begrenzt, muss die die Sanierung anordnende Behörde bereits in der Sanierungsanordnung hierüber entscheiden. Im Bescheid ist also die grundsätzliche Sanierungspflicht des Eigentümers auszusprechen, diese aber auf einen bestimmten Höchstbetrag zu begrenzen. Sind die Gründe der Unzumutbarkeit im Zeitpunkt der Anordnung nicht oder nicht vollständig bekannt, ist die Sanierungsverfügung mit dem Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung über die Kostentragung zu verbinden.
     
  2. Auf den Wertausgleich nach § 25 des Bundesbodenschutzgesetzes hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keinen Einfluss, da hier ohnehin nur sanierungsbedingte Wertsteigerungen abgeschöpft werden können, der Verkehrswert nach Sanierung aber gleichzeitig die grundsätzliche Grenze der Kostenhaftung bildet.
     
  3. Sanierungskosten, die über die zumutbare Belastung des Grundeigentümers hinausgehen, können von der Gesellschaft für die Altlastenbeseitigung in Bayern (GAB) übernommen werden.

Für die Erörterung der zahlreichen Fragen, die die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts neu aufwirft (gewachsene Bedeutung gleichzeitiger Handlungshaftung, Einfluss nachfolgender bauleitplanerischer Aufwertungen des Grundstücks auf den Verkehrswert, Anwendung der abstrakten Maßstäbe auf den Einzelfall etc.), stehen wir gerne zur Verfügung.

nach oben


Eine solche Legalisierungswirkung behördlicher Genehmigungen ist nur ausnahmsweise gegeben. Die für ein bestimmtes Verhalten erteilte behördliche Genehmigung schließt die nachfolgende ordnungsrechtliche Inanspruchnahme wegen eines im Zusammenhang mit diesem Verhalten eingetretenen Schadens nur dann aus, wenn auch der Schadenseintritt vom Gegenstand der Genehmigung umfasst war. Im Altlastenbereich wird dies kaum jemals der Fall sein. Vielmehr wird die Genehmigung zur Errichtung einer Deponie bzw. zum Betrieb eines bestimmten Gewerbes nur auf die Genehmigung des Verhaltens beschränkt sein. Diese Beschränkung ergibt sich aus der Tatsache, dass die damalige Genehmigung nur deswegen erteilt wurde, weil das gesamte Ausmaß der Umweltgefährdung noch nicht ausreichend erkannt worden war. Gefahrenlagen, die für die Behörde beim Bescheidserlass nicht erkennbar waren, werden aber nicht in den die Legalisierungswirkung vermittelnden Gegenstand des Bescheids einbezogen. Dieser ist vielmehr auf die bei seinem Erlass erkennbare Gefahrenlage beschränkt. Somit war nur das Verhalten, nicht auch das Ergebnis genehmigt.

nach oben


In der Regel sind Sanierungsanordnungen mehrmals wiederholbar. Dieses Ergebnis ergibt sich ebenso wie die Antwort auf die Frage nach der sog. Legalisierungswirkung aus einer Betrachtung des Inhalts des vorangegangenen Bescheids. Mit diesem wollte die Behörde in der Regel keine abschließende Entscheidung treffen, denn aus dem bekanntermaßen noch nicht abschließend beurteilbaren Gefährdungspotential ergibt sich automatisch eine Beschränkung auf die derzeit erkennbaren Risiken. Anders mag es sein, wenn die Behörde schon mit ihrem vorangegangenen Bescheid erkennbar die mit der Sanierung zusammenhängenden Fragen abschließend und verbindlich regeln wollte. Ein Beispiel hierfür könnte vorliegen, wenn bei komplexem Sachverhalt und unklarer Rechtslage eine einvernehmliche Lösung erzielt werden sollte.

nach oben


Weder das BBodSchG noch das KrW-/AbfG enthalten eine zeitliche Grenze der Inanspruchnahme. Auch eine analoge Heranziehung der in § 17 IV a BImSchG a.F. enthaltenen 10-Jahresgrenze ist v.a. bei Altablagerungen nicht möglich, denn die Grundpflicht, Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu entsorgen, ist bei diesen erst erfüllt, wenn eine gemeinwohlverträgliche Endablagerung auf Dauer gesichert ist. Auch der Rechtsprechung des BVerwG lässt sich eine zeitliche Begrenzung für die Inanspruchnahme nicht entnehmen. Überlegungen zur Heranziehung der 30-jährigen Verjährungsfrist der Deliktshaftung sind zwar aus Gründen der Verhältnismäßigkeit angestellt worden, bislang liegt aber noch kein diesbezügliches Urteil vor. In einem aktuellen Fall wurde deshalb in dem zeitlichen Abstand von 22 Jahren zwischen Stilllegung der Deponie und Erlass der Anordnung seitens des VG München kein rechtliches Hindernis für eine Sanierungsanordnung gesehen.

nach oben


Nach Abschluss der Verfüllung einer Abfalldeponie ist deren Betreiber nicht von allen Pflichten befreit. Vielmehr ist der Betreiber weiterhin gehalten, eine gemeinwohlverträgliche Endablagerung der Abfälle zu gewährleisten. Deren Erfüllung dient die Nachsorgepflicht. Somit beginnt die Nachsorgephase im unmittelbaren Anschluss an die Betriebsphase. Die Nachsorgephase endet durch Entlassung aus der Nachsorge, wenn die gemeinwohlverträgliche Ablagerung auf Dauer sichergestellt ist. Sofern die Kreisverwaltungsbehörde nicht ohnehin zuständige Behörde ist, geht mit der Entlassung aus der Nachsorge die Zuständigkeit auf diese über. Für den zur Nachsorge Verpflichteten wird sich oft die Frage stellen, welche Kriterien für die Entscheidung über die Beendigung der Nachsorgephase maßgeblich sind. Deswegen sollen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - einige Kriterien genannt werden. Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 10.08.1999, Az.: 822e-8772.6-1999/5.

So spricht der Abschluss biologischer Abbauprozesse im Deponiekörper, bzw. der Gasbildung für die Beendigung der Nachsorge, während weiterhin andauernde Abbauprozesse, bzw. weitere Gasbildung gegen die Beendigung sprechen. Besonders relevant ist das Kriterium der schädlichen Grundwasserbeeinflussung. Liegt eine solche weiterhin vor, wird die Beendigung der Nachsorgephase kaum in Betracht kommen.

nach oben


Der Sanierungsplan ist ein spezielles Instrumentarium zur Bewältigung der Altlastenproblematik. Fälle aus diesem Bereich sind oft dadurch gekennzeichnet, dass eine Vielzahl verschiedener Vorgehensweisen notwendig ist, um die vorhandenen Gefahren beseitigen zu können. Dies verlangt ein abgestimmtes Vorgehen, bei dem ausgehend von den vorhandenen Untersuchungen das belastete Grundstück auf ein bestimmtes Ziel hin saniert werden soll, um eine bestimmte Nutzung wieder zu ermöglichen. Ausgangslage, Ziel und Methoden müssen aufeinander abgestimmt werden. Dies geschieht im Sanierungsplan. Besonders bedeutsam ist, dass in einem Sanierungsplan eine umfassende Regelung der Sanierung getroffen werden kann, d.h. grundsätzlich alle für die Sanierung notwendigen Genehmigungen von einer Behörde erteilt werden können. Dies stellt für den Sanierungsverpflichteten eine nicht unerhebliche Erleichterung dar.

nach oben